Häufige Fehler im Umgang mit Gefahrstoffen und was Sie daraus lernen können
Ein wirksames Gefahrstoffmanagement beginnt nicht erst beim eigenen Zwischenfall. Wer aus den Fehlern anderer Betriebe lernt, kann Risiken frühzeitig erkennen und gezielt vorbeugen. Die zentrale Frage dabei lautet: „Könnte das auch bei uns passieren?“ – denn oft zeigen sich potenzielle Schwachstellen bereits im Vorfeld und lassen sich mit passenden Maßnahmen beheben.
Unser DENIOS Experte Lukas Weber ist regelmäßig im Süd-Westen Deutschlands im Einsatz und berät Unternehmen direkt vor Ort. Dabei stößt er immer wieder auf ähnliche Sicherheitslücken und Lagerfehler. Wir haben bei unserem Kollegen nachgefragt, welche Risiken besonders häufig auftreten – und wie sie sich vermeiden lassen.
Technik ergänzend zu persönlichen Schutzmaßnahmen – die Luftqualität nachhaltig verbessern
Wenn Mitarbeitende über Kopfschmerzen, Gerüche oder schlechte Luft klagen, sollte das ernst genommen werden – denn oft steckt eine gesundheitsgefährdende Exposition gegenüber Gefahrstoffdämpfen dahinter, die langfristig zu Schäden führen kann.
In vielen Betrieben erlebe ich, dass solche Probleme zunächst mit personenbezogenen Maßnahmen wie zum Beispiel Schutzbrille und Atemmaske angegangen werden. Das reduziert zwar die Expositionsmenge, beseitigt aber nicht die Ursache – und ist daher keine dauerhafte Lösung.
Der Gesetzgeber sieht hier das STOP-Prinzip vor: S für Substitution, T für technische Maßnahmen, O für organisatorische und P für persönliche Schutzmaßnahmen. Wichtig dabei: Technische Lösungen haben Vorrang - persönliche Schutzmaßnahmen können ergänzend gewählt werden.
Aus meiner Sicht als Berater ist eine der wirksamsten technischen Maßnahmen die Absaugung direkt an der Entstehungsstelle der Dämpfe. So gelangen Dämpfe gar nicht erst in die Raumluft. Für das Containment stehen Absaugarme sowie Arbeitstische und Kabinen zur Verfügung. Letztere sind je nach Bedarf mit verschiedenen Strömungstechniken wie horizontaler Verdrängungsströmung, Ejektortechnik oder Laminar-Air-Flow (LAF) ausgestattet. Welche Lösung optimal ist, richtet sich nach den spezifischen Anforderungen der Umgebung, den zu filternden Substanzen und der angestrebten Schutzniveaus. Daher empfehle ich eine kostenlose Fachberatung bereits im Vorfeld.
Erfahren Sie mehr über das STOP-Prinzip und die Wirksamkeit von Absauganlagen:
Auffangwannen sind Notfallhilfe, kein Lagerplatz für Ausgelaufenes
Auffangwannen sind dafür da, bei Leckagen sofortigen Schutz zu bieten. Manchmal werden ausgelaufene Stoffe aber einfach in der Wanne belassen, anstatt sie zu entfernen und die Wanne zu reinigen. Das ist nicht zulässig!
Bei einer Leckage müssen Sie sofort handeln, da Sie gemäß TRGS 510 und WHG verpflichtet sind, den erforderlichen Auffangraum jederzeit bereitzustellen. Ist die Wanne bereits mit Flüssigkeit gefüllt, kann das vorgeschriebene Auffangvolumen nicht mehr gewährleistet werden. Besonders bei Stoffen, die Dämpfe absondern, ist schnelles Handeln unerlässlich, um Gesundheits- und Brandgefahren zu vermeiden.
Zur schnellen Bereinigung von Leckagen in Auffangwannen empfehle ich verschiedene Hilfsmittel: Vom Flüssigkeitssauger und Pumpen bis hin zu Bindemitteln für die Aufnahme ausgelaufener Stoffe. Besonders praktisch ist unser Leckage-Melder SpillGuard, der Ihnen sofort anzeigt, wenn Flüssigkeit in der Wanne ausgetreten ist.
Wie kommt die Flüssigkeit wieder aus der Wanne heraus? In unserem Ratgeber erfahren Sie, was Sie unter keinen Umständen tun sollten – und wie es richtig geht:
Auch im Regal gilt das Wasserrecht
Regale sind im Lageralltag unverzichtbar: Sie schaffen Ordnung und sparen wertvollen Platz – der bekanntlich oft knapp ist. Bei vielen Vor-Ort-Terminen stelle ich jedoch fest, dass Gefahrstoffe einfach in bestehende Regalsysteme gestellt werden. Was viele nicht bedenken: Auch im Regal gelagerte Gefahrstoffe unterliegen den wasserrechtlichen Vorschriften!
Herkömmliche Lagerregale sind für Gefahrstoffe nicht geeignet – ihnen fehlt eine Auffangwanne, die im Fall einer Leckage austretende Flüssigkeiten zurückhält. Doch platzsparende Lagerung und gesetzeskonforme Sicherheit schließen sich nicht aus: Spezielle Gefahrstoffregale mit integrierter Auffangwanne bieten beides. Sie erfüllen die gesetzlichen Anforderungen und sorgen für eine sichere, vorschriftsmäßige Lagerung sowie effizienten Schutz im Leckagefall.
Erfahren Sie mehr darüber, mit welchen Strategien Lagermanager eine effiziente und platzsparende Gefahrstofflagerung umsetzen können:
Der vergessene Abluftanschluss
Ich begegne immer wieder Kunden, die sich mit bestem Wissen und Gewissen einen feuerbeständigen Gefahrstoffschrank für die Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten angeschafft haben – und das ist grundsätzlich genau richtig. Was jedoch manchmal übersehen wird, ist die erforderliche technische Entlüftung.
Ohne eine geeignete Lüftung können sich im Inneren des Schranks explosionsfähige Gas-Luft-Gemische bilden, wenn Dämpfe aus den Behältern austreten und sich anreichern. Genau deshalb fordert die TRGS 510 bei der Lagerung entzündbarer Flüssigkeiten auch eine geeignete technische Lüftung.
Aber keine Sorge: Wer die Lüftung bei der Anschaffung nicht bedacht hat, muss nicht gleich einen neuen Schrank kaufen. Unsere Brandschutzschränke sind bereits standardmäßig für den Anschluss an technische Lüftungssysteme vorbereitet. Ist ein bauseitiger Anschluss möglich, lässt sich die Lüftung noch nachträglich realisieren. Und selbst wenn das vor Ort nicht machbar ist, gibt es eine Lösung: Für unsere Schränke sind nachrüstbare Entlüftungsaufsätze erhältlich, die ebenfalls den vorgeschriebenen Betrieb ermöglichen.
Erfahren Sie mehr zu den verschiedenen Entlüftungsoptionen für Gefahrstoffschränke und was beim Kauf von Brandschutzschränken noch alles schief gehen kann:
Missverständnisse bei der Kleinmengenlagerung nach TRGS 510
Nach der TRGS 510 gibt es eine sogenannte Kleinmengenregelung, die es erlaubt, bestimmte Mengen von Gefahrstoffen außerhalb deklarationspflichtiger Lager zu lagern. Viele wissen jedoch nicht genau, wo genau die Mengenschwellen liegen – und sind überrascht, dass beispielsweise bereits ab 10 Litern Benzin (H224) ein entsprechendes Lager nötig ist. Es ist daher entscheidend, die richtigen Mengen und Anforderungen zu kennen, um Fehler zu vermeiden.
Ebenfalls ein häufiger Irrtum: Kleinmengenregelung bedeutet nicht, dass auf sämtliche Sicherheitsmaßnahmen verzichtet werden kann. Die Kleinmengenregelung besagt lediglich, dass bis zu einer bestimmten Mengenschwelle die allgemeinen Schutzmaßnahmen gemäß Abschnitt 4 TRGS 510 ausreichen. Diese Maßnahmen müssen jedoch auch bei einer Lagerung außerhalb von Lagern beachtet werden – unabhängig von der Menge der gelagerten Gefahrstoffe! Dazu gehört beispielsweise die Lagerung auf einer Auffangwanne, die die Gefahrstoffe im Leckagefall zurückhalten kann. Für entzündbare Flüssigkeiten empfiehlt die TRGS 510 selbst bei Kleinmengen die Lagerung in speziellen Sicherheitsschränken.
Ab welcher Menge benötigen Sie einen Gefahrstoffschrank oder ein spezielles Lager? Und wie viel dürfen Sie außerhalb lagern? Nutzen Sie den praktischen DENIOS Mengenchecker als App auf Ihrem Smartphone, um die relevanten Mengenschwellen für Ihre Gefahrstoffe schnell zu ermitteln:
Sägespäne? Heute gibt’s Besseres!
Früher war nicht alles besser – vor allem nicht beim Abbinden ausgelaufener Gefahrstoffe. Sägespäne galten einst als Standard, sind heute aber längst überholt. Moderne Bindemittel wie Granulate oder Bindevliese bieten eine deutlich höhere Aufsaugkraft und sorgen im Ernstfall für eine schnellere, sauberere und vor allem sicherere Beseitigung.
Trotzdem stoße ich bei Beratungsterminen immer wieder auf den guten alten Sack Sägespäne. Die Begründung ist dann oft: „Das haben wir schon immer so gemacht.“
Dabei lohnt sich der Umstieg: Moderne Bindemittel lassen sich nicht nur effizienter einsetzen, sie vereinfachen auch die Reinigung und reduzieren Entsorgungsaufwand. Viele Kunden haben den bisherigen Zustand einfach nie hinterfragt – und sind umso dankbarer für den Hinweis.
Granulat oder Bindevlies? Wir haben beide Produkte einem Leistungscheck unterzogen:
Gefahrstoffsymbole sind kein Deko-Element
Das Umfüllen von Gefahrstoffen gehört in vielen Betrieben zum Alltag – und oft muss es schnell gehen. Dabei wird die Kennzeichnung der neuen Behälter leider häufig vergessen. Bei meinen Vor-Ort-Terminen sehe ich dann regelmäßig unbeschriftete Kanister oder Flaschen. Vielleicht weiß noch derjenige, der sie umgefüllt hat, was darin ist – aber können das auch alle anderen im Team sicher sagen?
Die korrekte Kennzeichnung ist gesetzlich vorgeschrieben – und absolut entscheidend für die Sicherheit im Betrieb. Sie sorgt dafür, dass Gefahren sofort erkannt und richtig eingeschätzt werden – unabhängig von der Menge. Denn auch Kleinmengen können gefährlich werden, wenn sie verwechselt oder falsch gehandhabt werden.
Daher mein Appell: Achten Sie unbedingt auf eine direkte und klare Kennzeichnung aller umgefüllten Gefahrstoffe – auch bei kleinen Mengen. So stellen Sie sicher, dass jeder die potenziellen Gefahren sofort erkennt und richtig darauf reagieren kann.
Mehr zur korrekten Gefahrstoffkennzeichnung nach dem GHS-System erfahren Sie in unserem Ratgeber:
Brandgefahr durch defekte Akkus
Beschädigte Akkus sind keine Seltenheit. Ein kurzer Moment der Unachtsamkeit reicht oft schon aus: Geräte fallen zu Boden, geraten mit Flüssigkeiten in Kontakt oder landen versehentlich im Wasser. Solche Vorfälle passieren im Arbeitsalltag schneller, als man denkt – und können den Akku ernsthaft beschädigen.
Ich habe bei Kunden schon verbeulte oder aufgeblähte Akkus gesehen, die achtlos im Hausmüll landeten oder einfach im Lagerraum abgelegt wurden. Das ist im wahrsten Sinne brandgefährlich.
Meine klare Empfehlung: Beschädigte Akkus gehören in spezielle Quarantäneboxen. Diese sind brandschutzgerecht konstruiert und ermöglichen eine sichere Zwischenlagerung, bis die fachgerechte Entsorgung erfolgt.
Mit unserem Wissensposter können Sie systematisch prüfen, ob Ihr Lithium-Akku konkrete Anzeichen eines Defekts aufweist:
Schluss mit dem Fass-Schleppen!
Ich sehe immer noch oft, dass Fässer per Hand oder mit der Ameise von A nach B geschoben werden. Klar, das geht manchmal schnell – aber auch ganz schön auf den Rücken. Und nicht nur das: Gerät ein Fass ins Kippen oder wird beschädigt, kann es auslaufen – und damit wird aus einer simplen Transportaufgabe schnell ein Sicherheitsproblem.
Dabei gibt es längst spezielle Handlinggeräte, die genau für diesen Zweck entwickelt wurden. Sie sind nicht nur ergonomischer und rückenschonend, sondern sorgen auch für einen sichereren und schnelleren Transport. Müssen Fässer nicht nur transportiert, sondern auch entleert werden, gibt es dafür ebenfalls clevere Lösungen: Mobile Fasswagen mit integrierter Pumpe ermöglichen ein sicheres und sauberes Umfüllen direkt vor Ort – ohne Umwege und mit deutlich weniger Risiko.
Der innerbetriebliche Transport von Gefahrstoffen birgt ein erhöhtes Risikopotential. Unsere FAQ bieten Ihnen hilfreiche Informationen und Antworten auf zentrale Fragen. Und unsere Checkliste zeigt Ihnen, wie Sie innerbetriebliche Gefahrstofftransporte optimal vorbereiten und sicher durchführen:
Nutzen Sie die Informationen Ihrer Berufsgenossenschaft, um sich über aktuelle Sicherheitsthemen in Ihrer Branche zu informieren. Auch die Teilnahme an Netzwerktreffen bietet die Möglichkeit, Erkenntnisse zu gewinnen und Erfahrungen mit anderen Sicherheitsverantwortlichen auszutauschen. Die DENIOS Academy bietet hierzu relevante Veranstaltungen. Zudem stehen Ihnen bei uns nützliche Wissensangebote zum Download zur Verfügung. Beispielsweise können Sie unser Poster „Fehlerhafte Gefahrstofflagerung erkennen“ in Ihrem Betrieb aufhängen, damit Ihre Mitarbeiter typische Lagerfehler direkt identifizieren und melden können. Mit unserer „Safety Walk“-Checkliste erhalten Sie ein praktisches Tool, um bei Betriebsbegehungen die Gefahrstofflagerung zu überprüfen. Und falls Sie eine individuelle Beratung wünschen, stehen wir Ihnen kostenlos zur Verfügung – telefonisch, digital oder direkt vor Ort.
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