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Substitutionsprüfung: So gelingt die sichere Substitution von Gefahrstoffen

Ihr Unternehmen arbeitet mit gefährlichen Stoffen? Dann ist die Substitutionsprüfung für Sie als Arbeitgeber eine unternehmerische Pflicht. Durch die sorgfältige Prüfung und mögliche Substitution von Gefahrstoffen durch weniger gefährliche Ersatzstoffe erfüllen Sie nicht nur die gesetzlichen Anforderungen, sondern verbessern auch die Arbeitsbedingungen für Ihre Mitarbeitenden nachhaltig. Dieser Ratgeber bietet eine einfache Anleitung zur Durchführung und Dokumentation der Substitutionsprüfung nach den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 600).

Substitutionsprüfung – Das Wichtigste in Kürze

  • Die Substitutionsprüfung zielt darauf ab, gefährliche Stoffe oder Verfahren durch weniger gefährliche Alternativen zu ersetzen, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu erhöhen.

  • Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, diese Prüfung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durchzuführen und die Ergebnisse ausführlich zu dokumentieren.

  • Die Substitutionsprüfung muss regelmäßig aktualisiert und an neue technische oder wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst werden.

  • Wesentlich ist eine ganzheitliche Betrachtung, um sicherzustellen, dass durch die Substitution keine neuen Gefährdungen entstehen und alle Schutzgüter berücksichtigt werden.

  • Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 600) bieten eine umfassende Handlungshilfe zur Vorgehensweise bei der Ersatzstoffprüfung und zur Bewertung potenzieller Substitutionsmöglichkeiten.

  • Bei der Substitution von CMR-Stoffen (krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend) hat die Substitution oberste Priorität, sofern dies möglich ist. Andernfalls sind gemäß S.T.O.P.-Prinzip zunächst technische, dann organisatorische und zuletzt personenbezogene Maßnahmen zu betreiben, um jedes Risiko bestmöglich zu minimieren.

Grundlagen der Substitutionsprüfung

Erfahren Sie in diesem einleitenden Abschnitt, was eine Substitutionsprüfung ist, warum sie wichtig ist und wie sie zur Sicherheit am Arbeitsplatz beiträgt.

Definition: Was ist eine Substitutionsprüfung?

Nach § 6 Abs. 1 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) müssen Unternehmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung relevante Gefährdungen durch Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ermitteln. Diese Gefährdungen sind zudem unter dem Aspekt der Möglichkeiten einer Substitution zu bewerten.

Die Substitutionsprüfung (auch Ersatzstoffprüfung genannt) ist der Prozess, bei dem Sie als Arbeitgeber zu beurteilen haben, ob gefährliche Stoffe oder Verfahren durch weniger gefährliche oder ungefährliche Alternativen ersetzt werden können. Auf der Grundlage des Ergebnisses der Substitutionsprüfung ist vorrangig eine Substitution von Gefahrstoffen durchzuführen (§ 7 Abs. 3 GefStoffV). Dabei ist immer die Gesamtgefährdung zu betrachten, die sich aus den

  • Stoffeigenschaften,

  • dem Verfahren und

  • den Expositionsmöglichkeiten ergibt.

Ziel ist es, die Gesundheits- und Sicherheitsrisiken für Ihre Beschäftigten zu minimieren oder ganz zu beseitigen. Die Substitutionslösung muss die Gefährdungen durch Gefahrstoffe bei der Arbeit insgesamt verringern. Zudem sollte sie keine anderen Gefährdungen erhöhen oder andere Schutzgüter negativ beeinflussen.

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Wichtig: Die Pflicht zur Prüfung auf Substitution umfasst auch Wartungs-, Bedienungs- und Überwachungstätigkeiten.

Diese Prüfung ist selbst dann vorzunehmen, wenn letztlich keine Substitution erfolgt. In diesem Fall sind die Gründe für den Verzicht auf eine Substitution ausführlich zu notieren. Diese Dokumentationspflicht trägt zur Transparenz im Arbeitsschutz bei und sorgt dafür, dass Ihre Entscheidung nachvollziehbar ist.

Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 600 beschreiben die allgemein gültigen Vorgaben hinsichtlich der Substitution und enthalten detaillierte Handlungshilfen für die Durchführung der Substitutionsprüfung. Insbesondere bei Stoffen, die als krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend (CMR-Stoffe) oder toxisch eingestuft sind, ist die Substitution vorrangig durchzuführen, wenn Alternativen technisch möglich sind (§10 GefStoffV).

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Stellen Sie im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung fest, dass von einer Tätigkeit mit Gefahrstoffen nur eine geringe Gefährdung für die Beschäftigten ausgeht, kann auf eine Substitutionsprüfung verzichtet werden (§ 6 Abs. 13 GefStoffV).

Das STOP-Prinzip

Das STOP-Prinzip spielt eine zentrale Rolle bei der Prüfung auf Substitution im Arbeitsschutz. Es legt die Rangfolge der Schutzmaßnahmen fest, die der Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung zu beachten hat. Die Abkürzung „STOP“ steht für:

  • S – Substitution: Ersatz von Gefahrstoffen durch weniger gefährliche Stoffe.

  • T – Technische Maßnahmen: Einbau technischer Schutzvorrichtungen und -verfahren, um Gefährdungen zu minimieren (z. B. Abluftfilter).

  • O – Organisatorische Maßnahmen: Anpassung der Arbeitsorganisation und -abläufe, um Gefährdungen zu verringern (z. B. Erstellung Betriebsanweisung Gefahrstoffe).

  • P – Persönliche Schutzmaßnahmen: Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA), wenn andere Maßnahmen nicht genügen.

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Die Substitution von Gefahrstoffen ist also die erste und bevorzugte Maßnahme zur Reduzierung von Gefährdungen bei der Tätigkeit mit Gefahrstoffen. Kommen Sie bei der Substitutionsprüfung zum Schluss, dass eine Substitution, aus welchen Gründen auch immer, nicht realisierbar ist, dann sind die Schutzmaßnahmen in der TOP-Rangfolge einzusetzen.

Welchen Nutzen bringt die Substitution von Gefahrstoffen?

Auch wenn die Prüfung der Substitutionsmöglichkeiten und die Substitution selbst mit hohem Aufwand verbunden sind: Durch die Substitution von Gefahrstoffen erfüllen Sie nicht nur die rechtlichen Vorgaben der Gefahrstoffverordnung und verringern das Risiko von Gesundheitsschäden bei Ihren Mitarbeitenden. Langfristig ergeben sich auch wirtschaftliche Vorteile durch geringere Kosten für Schutzausrüstung und Schutzmaßnahmen sowie durch Zeitersparnis.

Schaffen Sie es beispielsweise, krebserregende Stoffe der Kategorie 1A oder 1B durch weniger gefährliche zu ersetzen, sparen Sie sich unter Umständen die Anschaffung eines Gefahrstoffschranks, der ansonsten für die Lagerung der Gefahrstoffe nötig ist (§ 8 Abs. 7 GefStoffV). Auch viele weitere Maßnahmen wie die Anwendung der TRGS 910 (§ 10 Abs. 1 GefStoffV), das Anbringen entsprechender Warn- und Sicherheitszeichen (§ 10 Abs. 3 GefStoffV) sowie das Führen eines aktualisierten Verzeichnisses über Beschäftigte bis 40 Jahre nach Ende der Exposition (§ 14 Abs. 3 GefStoffV) können entfallen.

Ein verantwortungsvoller Umgang mit Gefahrstoffen kann sich auch positiv auf das Unternehmensimage auswirken und Ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern. Nicht zuletzt bietet sich durch die Ermittlung von Substitutionsmöglichkeiten die Chance, bestehende Arbeitsprozesse zu optimieren und innovative Lösungen zu entwickeln.

Wann müssen Unternehmen eine Substitutionsprüfung durchführen?

Die Substitutionsprüfung ist kein einmaliger Vorgang, sondern muss regelmäßig wiederholt werden. Arbeitgeber sind verpflichtet, zu verschiedenen Anlässen eine Substitutionsprüfung durchzuführen:

  • Vor erstmaligem Tätigkeitsbeginn: Bevor ein gefährlicher Stoff zum ersten Mal in Ihrem Unternehmen verwendet wird, müssen Sie prüfen, ob es sicherere Alternativen gibt, um die Gefährdungen am Arbeitsplatz für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu reduzieren oder zu vermeiden.

  • Bei der Einführung neuer Stoffe oder Verfahren: Wenn Sie, z. B. aus wirtschaftlichen oder technologischen Gründen, neue Verfahren oder Stoffe einsetzen möchten, bei denen Gefahrstoffe freigesetzt werden könnten, ist eine Substitutionsprüfung verpflichtend.

  • Bei regelmäßiger Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung: Auch wenn keine genaue Frist für die Wiederholung definiert ist, muss die Ersatzstoffprüfung spätestens bei der regelmäßigen Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung stattfinden. Damit wird sichergestellt, dass immer die sichersten Verfahren und Stoffe eingesetzt werden.

  • Bei neuen Erkenntnissen aus der Arbeitsmedizin oder Änderungen der Einstufung

  • Nach Unfällen oder Beinahe-Ereignissen

Wichtig: Bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, Änderungen des Standes der Technik sowie der Verfügbarkeit neuer potenzieller Ersatzstoffe oder -verfahren ist eine Substitutionsprüfung durchzuführen. Holen Sie sich jetzt Ihr Gefahrstoff-Update in unserem Magazin.

Wer darf die Substitutionsprüfung durchführen?

Der Arbeitgeber ist verantwortlich für die Durchführung der Substitutionsprüfung im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 6 GefStoffV. Unterstützen können ihn bei dieser Aufgabe die Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) sowie der Betriebsarzt bzw. die Betriebsärztin. Die Prüfung selbst darf nur von fachkundigen Personen vorgenommen werden, die durch ihre Ausbildung oder ihre praktische Erfahrung genügend Know-how über Gefahrstoffe besitzen, die rechtlichen Grundlagen kennen, mit den Tätigkeiten im Betrieb vertraut sind und sich regelmäßig auf diesem Gebiet fortbilden.

Sie möchten sich oder Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Gefahrstoffe weiterbilden, um über Neuerungen im Gefahrstoffrecht und die neuesten Erkenntnisse zum Umgang und zur Lagerung von Gefahrstoffen informiert zu sein? Dann melden Sie sich zu den Schulungen und Trainings der DENIOS Academy im Bereich Gefahrstoffe an.

Schritt für Schritt: Durchführung der Substitutionsprüfung nach TRGS 600

Die Substitutionsprüfung nach TRGS 600 ist ein systematisches Vorgehen mit dem Ziel, den Einsatz von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz zu minimieren oder zu ersetzen. Der Prozess umfasst mehrere Schritte, die im Folgenden dargestellt werden.

Ermittlung von Möglichkeiten der Substitution

Der erste Schritt besteht darin, alle im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe, die im Gefahrstoffverzeichnis aufgeführt sind, systematisch einer Ersatzstoffprüfung zu unterziehen.

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen mit einer Vielzahl von Gefahrstoffen umgehen, gibt die Gefahrstoffverordnung eine Priorisierung der Gefahrstoffe nach ihrer Gefährlichkeit vor, an der Sie sich für eine effiziente Substitutionsprüfung orientieren können.

Prio Gefahrstoffe
1 CMR-Gefahrstoffe, Kategorie 1A oder 1B (H-Sätze: 340, 350, 350i oder 360)
2 Prozesse und Verfahren, bei denen zusätzliche Schutzmaßnahmen notwendig sind (z. B. Tragen einer Atemschutzmaske)
3 Stoffe, die in Ihrem Unternehmen in besonders großen Mengen verwendet werden

Um geeignete Ersatzstoffe zu ermitteln, sollten Sie eine Vielzahl von Informationsquellen zu Rate ziehen. Nutzen Sie unter anderem

  • TRGS zu Ersatzstoffen,

  • Sicherheitsdatenblätter,

  • branchenspezifische Regelungen (Veröffentlichungen der Unfallversicherungsträger, DGUV-Informationen etc.) und

  • verfügbare Informationssysteme wie das Gefahrstoffinformationssystem der Berufsgenossenschaften (z. B. WINGIS).

Diese Quellen liefern Ihnen wertvolle Informationen über bereits erprobte Substitutionslösungen. Ein Beispiel aus der Praxis: In der Metallbearbeitung kann es sinnvoll sein, lösemittelhaltige Reiniger durch wässrige Alternativen zu ersetzen.

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Tipp: Informieren Sie sich aktiv bei Ihren Lieferanten, wenn Sie Gefahrstoffe einkaufen. Viele Lieferanten geben Ihnen Hinweise auf weniger gefährliche Alternativen.

Vorauswahl aussichtsreicher Möglichkeiten einer Substitution

Nach der Identifizierung potenzieller Substitutionslösungen erfolgt eine Vorauswahl der vielversprechendsten Alternativen. Diese Vorauswahl wird anhand bestimmter Leitkriterien vorgenommen, die Ihnen helfen, die Durchführbarkeit und Wirksamkeit der Alternativen zu bewerten.

Zu den wichtigsten Kriterien zählen die

  • Gesundheitsgefahren eines Gefahrstoffs,

  • die physikalisch-chemische Gefährdung (explosiv, entzündbar, korrosiv),

  • das Freisetzungspotenzial der Substitutionsmöglichkeiten.

Das GHS-Spaltenmodell, wie es im Anhang 2 der TRGS 600 beschrieben ist, ist dabei ein hilfreiches Instrument. Es bietet einen schnellen Vergleich verschiedener Stoffe oder Gemische. Man betrachtet dabei den zu ersetzenden Gefahrstoff und die möglichen Ersatzstoffe hinsichtlich verschiedener Kriterien, die spaltenweise angeordnet sind. So erkennen Sie rasch, wie ähnlich oder verschieden die Gefahrstoffe in der Gefährdung sind.

Bei der Gegenüberstellung vergleicht man den Grad der Gefährdung (gering, mittel, hoch, sehr hoch, vernachlässigbar) sowie die Art der Gefahr:

  • akute & chronische Gesundheitsgefahren

  • Umweltgefahren

  • physikalisch-chemische Einwirkungen

  • Gefahr, die durch das Freisetzungsverhalten entsteht oder

  • Gefahr, die von dem Verfahren ausgeht.

Für diese Prüfung sind nur wenige Informationen erforderlich, die Sie dem Sicherheitsdatenblatt oder dem Kennzeichnungsschild auf der Verpackung entnehmen können (z. B. H-Sätze nach CLP-Verordnung, Wassergefährdungsklasse und Angaben zur Freisetzung). Daraus lässt sich eine Einordnung der Gefahrstoffe in das Spaltenmodell vornehmen und Sie erhalten einen Überblick über das Gefahrenpotenzial.

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Wichtig: Bei Informationslücken zu möglichen Substitutionsstoffen scheiden diese als Substitutionslösung aus, da ihre Gefährlichkeit nicht zuverlässig abschätzbar ist.

Spaltenmodell nach TRGS 600 2a - Akute Gesundheitsgefahren (einmalige Einwirkung) 2b - Chronische Gesundheitsgefahren (wiederholte Einwirkung) 3 - Umweltgefahren 4 - Physikalisch-chemische Einwirkungen (Brand, Explosion, Korrosion u. a.) 5 - Freisetzungsverhalten
Zu substituierender Gefahrstoff Hoch Gering Mittel Hoch Vernachlässigbar
Substitutionslösung 1 Mittel Mittel Sehr hoch Gering Gering
Substitutionslösung 2 Gering Vernachlässigbar Gering Mittel Hoch
Substitutionslösung 3 Mittel Hoch Hoch Sehr hoch Hoch
Substitutionslösung 4 Hoch Mittel Mittel Sehr hoch Hoch

Tipp: Führen Sie die Vorauswahl der Substitutionslösungen in einem interdisziplinären Team durch. So wird sichergestellt, dass alle relevanten Aspekte – von der Sicherheit über die technische Machbarkeit bis hin zu den wirtschaftlichen Auswirkungen – berücksichtigt werden.

Entscheidung über die Substitution

Nachdem Sie vielversprechende Substitutionsmöglichkeiten identifiziert haben, ist eine detaillierte Bewertung erforderlich. Dabei sind sowohl die technische Eignung als auch die gesundheitlichen und physikalisch-chemischen Risiken der Alternativen zu bewerten. Die Entscheidung für eine Substitution basiert auch auf wirtschaftlichen und betrieblichen Überlegungen sowie auf der Einhaltung regulatorischer Anforderungen. Dabei sollten Sie darauf achten, dass die gewählte Substitutionslösung die Sicherheit am Arbeitsplatz insgesamt erhöht, ohne neue Risiken zu generieren.

Beispiel: Wenn bei der Beurteilung ein potenzielles Ersatzprodukt in den 5 Spalten besser abschneidet als das aktuell verwendete Produkt, ist der mögliche Ersatzstoff identifiziert.

Schneidet allerdings das potenzielle Ersatzprodukt in einigen Spalten besser und in anderen schlechter ab, dann haben Sie nach TRGS 600 als Verwender des Gefahrstoffs zu beurteilen, welche Gefahreneigenschaften (also welche Spalten) in Ihrem konkreten Fall für Sie das größte Gewicht haben. So ist bei Arbeiten mit Gefahrstoffen in einem geschlossenen System das Freisetzungsverhalten weniger wichtig als die physikalisch-chemische Einwirkung. Eine Substitution kann daher sinnvoll sein, selbst wenn der Ersatzstoff eine hohe Gefährdung im Freisetzungsverhalten aufweist.

Durchführung der Substitution

Nach der Entscheidung für eine Substitutionslösung müssen Sie die Umsetzung sorgfältig planen und überwachen. Es sollten alle notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, um eine erfolgreiche Umsetzung der Substitution zu gewährleisten.

Tipp: Achten Sie darauf, dass die Umsetzung der neuen Substitutionslösung auch langfristig überwacht wird. Es ist wichtig, regelmäßig zu überprüfen, ob die neue Lösung tatsächlich zu einer Reduzierung der Gefährdung führt. Dies kann z. B. durch regelmäßige Messungen der Exposition am Arbeitsplatz oder durch Befragungen der Beschäftigten erfolgen.

Dokumentation

Die Ergebnisse der Substitutionsprüfung von Gefahrstoffen sind umfassend zu dokumentieren. Der Inhalt kann wie folgt aussehen:

  • Aufzählung der Substitutionsmöglichkeiten

  • Substitution ist nicht durchführbar (Gründe sind zu nennen!)

  • Es wird bereits eine Substitutionslösung verwendet

Diese Dokumentation sollte im Zusammenhang mit der Gefährdungsbeurteilung stehen und alle wesentlichen Schritte und Entscheidungen des Substitutionsprozesses nachvollziehbar festhalten. Es ist wichtig, auch die Gründe für nicht umgesetzte Substitutionen zu dokumentieren, insbesondere wenn Alternativlösungen technisch oder betrieblich nicht geeignet sind.

Tipp: Verwenden Sie für Ihre Dokumentation einheitliche Standardsätze, um die Nachvollziehbarkeit zu erleichtern. Beispiele könnten sein: „Möglichkeiten einer Substitution sind…“ oder „Keine Substitutionsmöglichkeit gefunden, da…“. Diese Art der Dokumentation ermöglicht es Ihnen und Ihren Kollegen, die Entscheidungen auch zu einem späteren Zeitpunkt nachzuvollziehen.

Ablaufschema Substitution

Beispiel: Anwendung des GHS-Spaltenmodells

Ein konkretes Beispiel für die Substitution eines Gefahrstoffes mit Hilfe des GHS-Spaltenmodells ist der Ersatz von Dichlormethan (Methylenchlorid) durch Ethylacetat in einem industriellen Reinigungsprozess. Beide Stoffe werden häufig als Lösemittel benutzt, unterscheiden sich aber deutlich in ihrer Gefährdungseinstufung.

Schritt 1: Informationen sammeln

Zunächst werden die relevanten Gefährdungsinformationen aus den Sicherheitsdatenblättern (SDB) der beiden Stoffe entnommen:

  • Dichlormethan:

    • Akute Gesundheitsgefahren: H336 (Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen)

    • Chronische Gesundheitsgefahren: H351 (Verdacht auf krebserzeugende Wirkung)

    • Umweltgefahren: WGK 2 (Wassergefährdungsklasse 2)

    • Physikalisch-chemische Einwirkungen: nicht brennbar

  • Ethylacetat:

    • Akute Gesundheitsgefahren: H336 (Kann Schläfrigkeit und Benommenheit verursachen), H319 (Augenreizende Stoffe/Gemische)

    • Chronische Gesundheitsgefahren: Gering (H336)

    • Umweltgefahren: WGK 1 (Wassergefährdungsklasse 1)

    • Physikalisch-chemische Einwirkungen: H225 (Entzündbare Flüssigkeiten)

Schritt 2: Vergleich nach dem Spaltenmodell

Die Gefährdungen werden nun in den jeweiligen Spalten des GHS-Spaltenmodells für beide Stoffe markiert:

  • Dichlormethan:

    • Akute Gesundheitsgefahren: Gering (H336)

    • Chronische Gesundheitsgefahren: Hoch (H351)

    • Umweltgefahren: Mittel (WGK 2)

    • Physikalisch-chemische Einwirkungen: nicht brennbar

    • Freisetzungsverhalten: geschlossene Verarbeitung (Dampfdruck: 475 hPa bei 20 °C)

  • Ethylacetat:

    • Akute Gesundheitsgefahren: Gering (H336)

    • Chronische Gesundheitsgefahren: Gering (H336)

    • Umweltgefahren: Gering (WGK 1)

    • Physikalisch-chemische Einwirkungen: Gering (H319)

    • Freisetzungsverhalten: Offene Verarbeitung (Dampfdruck: 97 hPa bei 20 °C)

Diese Werte lassen sich nun einfach in das tabellarische Schema übertragen.

Schritt 3: Bewertung und Entscheidung

Beim Vergleich der Gefährdungsprofile schneidet Ethylacetat in den Spalten Gesundheit, Umweltgefahren und Freisetzungsverhalten besser ab als Dichlormethan. Die chronischen Gesundheitsgefahren sind bei Dichlormethan aufgrund seiner krebserzeugenden Wirkung höher.

Obwohl Ethylacetat entzündbarer ist (H225), wird in vielen Fällen die geringere krebserzeugende Gefahr (kein H351) und die geringere Umweltgefährdung (WGK 1 statt WGK 2) als wichtiger bewertet.

Schritt 4: Substitution und Dokumentation

Da Ethylacetat in mehreren Spalten eine geringere Gefährdung aufweist und die höhere Entflammbarkeit durch geeignete Schutzmaßnahmen kompensiert werden kann, wird entschieden, Dichlormethan durch Ethylacetat zu ersetzen. Diese Entscheidung wird dokumentiert, und der Prozess wird so angepasst, dass das neue Lösungsmittel sicher gehandhabt werden kann.

Hinweis: Es handelt sich hierbei lediglich um ein stark vereinfachtes Beispiel. In der Praxis ist das Verfahren der Substitution weitaus komplexer und erfordert eine detaillierte Analyse.

Häufige Mythen bei der Substitutionsprüfung

Es gibt einige Mythen und häufige Missverständnisse im Zusammenhang mit der Prüfung von Substitutionsmöglichkeiten für Gefahrstoffe. Wir klären Sie über die wichtigsten Punkte auf.

Mythos Richtigstellung
Es besteht eine generelle Substitutionspflicht. Es besteht keine generelle Pflicht zur Substitution von Gefahrstoffen in jedem Fall. Es ist lediglich vorgeschrieben, eine Substitutionsprüfung durchzuführen und zu dokumentieren. Eine Substitution ist nur dann vorzunehmen, wenn sie technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist.
Substitution umfasst nur den Ersatz von Gefahrstoffen durch weniger gefährliche Stoffe. Die Substitution umfasst neben dem Ersatz von Gefahrstoffen durch weniger gefährliche Stoffe auch den Ersatz von gefährlichen Arbeitsverfahren durch weniger gefährliche Alternativen.
Substitutionsprüfung ist sehr zeitaufwendig. Obwohl eine Substitutionsprüfung in der Tat viele Ressourcen in Anspruch nimmt, werden die wirtschaftlichen Vorteile einer erfolgreichen Substitution, z. B. durch geringere Kosten für Schutzausrüstungen und geringere Lagerkosten, oft nicht berücksichtigt.
Der Fokus bei der Substitutionsprüfung liegt nur auf der Verbesserung der Arbeitssicherheit. Die Substitutionsprüfung verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Eine erfolgreiche Substitution muss auch den Schutz anderer Schutzgüter wie Umwelt und Verbraucherschutz gewährleisten. Auch die Auswirkungen auf die Produkteigenschaften und die Qualität des Endproduktes sowie die Gesamtsituation am Arbeitsplatz sind zu betrachten.
Die Substitutionsprüfung muss nur für bestehende Prozesse durchgeführt werden. Bei der Substitutionsprüfung handelt es sich um einen kontinuierlichen Prozess, der sowohl für bestehende als auch für neue Verfahren und Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gilt. Dadurch wird sichergestellt, dass immer die sichersten und umweltfreundlichsten Alternativen gewählt werden.
Es ist nur eine einmalige Prüfung erforderlich. Die Substitutionsprüfung ist kein einmaliger Vorgang, sondern muss regelmäßig im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden (z. B. bei Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung)
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Substitutionsprüfung: DENIOS unterstützt Sie bei der Gestaltung eines sicheren Arbeitsumfeldes

Die Substitution von Gefahrstoffen, die durch die obligatorische Substitutionsprüfung initiiert wird, trägt maßgeblich dazu bei, in Ihrem Unternehmen ein sichereres, gesünderes und nachhaltigeres Arbeitsumfeld zu schaffen und gleichzeitig rechtliche und wirtschaftliche Risiken zu minimieren. Darüber hinaus können durch den Ersatz von Gefahrstoffen oft aufwendige Schutzmaßnahmen entfallen, was sich positiv auf die Kostenstruktur auswirkt.

Wenn Sie sich für eine Substitution von Gefahrstoffen entscheiden, sollten Sie sich bewusst sein, dass dieser Prozess häufig eine Reihe von Folgeaktivitäten nach sich zieht, wie Genehmigungsverfahren, die Einführung neuer Produkte sowie die Aktualisierung von Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen.

Um Sie bei der sicheren Umsetzung der Substitution zu unterstützen, empfehlen wir Ihnen, unser Magazin und den Online-Shop zu besuchen. Dort finden Sie wichtige Informationen und Produkte zum Thema Gefahrstofflagerung und Gefahrstoffhandling. Die DENIOS Academy bietet zudem praxisorientierte Schulungen für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen.

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